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Urlaubsflirt

Plötzlich, nach Dekaden, fällt mir Lou ein. Keine Ahnung warum.

 

Club Playa Romantica auf Mallorca. Gerti und ich hatten einen weissen Bungalow mit oleanderbewachsener Veranda. Von Felsen eingefasster Sandstrand, herrliches Essen, großartiges Animationsprogramm mit Sport und Spielen unter Tags und Cabaret, Musical, Tanzeinlagen, gelungenen Choreographien und einem gutgelaunten und talentierten Team am Abend. Keine Sekunde hatten wir daran gedacht den Club zu verlassen, wir hatten eine großartige Zeit.

Abends sassen wir immer in der ersten Reihe, an einem kleinen runden Tisch für zwei, die Kellner brachten Cuba Libres immer wenn unsere Gläser leer waren, ohne dass wir uns um Bestellung bemühen mussten, es war herrlich.

 

Gegen Mitte unseres zweiwöchigen Faulenzerdaseins hatten wir gerade die heiligen Hallen des abendlichen Unterhaltungstempels verlassen und sind, etwas angeheitert, durch die Hotel Lobby geschlendert, als ich von der Bar ein leises "Elle est mignon!" höre. Heißt wohl soviel wie "Sie ist süß/schön/lieb". Kichernd, weil angedudelt gehen wir weiter, ich höre den gleichen Satz noch einmal, etwas lauter, aber noch immer mit sanfter, männlicher Stimme, bleibe, Arm in Arm mit Gerti stehen und drehe mich nach links, wo der Chefanimateur, Lou aus Belgien und sein Stellvertreter Gordon aus Schottland, mit einem Glas in der Hand stehen und uns unverhohlen flirtend anlächeln.

Lou nickt in meine Richtung und hebt sein Glas! Da er Belgier ist, wird der MignonSatz wohl von ihm gekommen sein!

Gerti und ich kichern, winken und wandern Richtung Bungalow.

Die Show am nächsten Abend ist noch großartiger als alles zuvor. Die Animateure vollbringen aktrobatische Höchstleistungen, ich habe den Eindruck, dass Lou zwischendurch, auch bei den Moderationen, immer wieder zu mir blickt.

Direkt nach der Show, schlendern Lou und Gordon zu unserem Tisch, jeder ein Cuba Libre in der Hand, welche sie vor uns abstellen um mit verschmitztem Gesichtsaudruck nach unserem Zimmerschlüssel zu fragen.

Gerti kramt ihn aus ihrer Tasche und schwupp, hat Lou ihn geschnappt, macht am Absatz kehrt und verschwindet mit Gordon Richtung Ausgang.

Etwas verdattert, aber zufrieden mit unseren Cuba Libres, diskutieren wir kurz, was die beiden wohl vorhaben? Da sie in offizieller Funktion in diesem Club agieren, wollen wir nichts böses vermuten und warten ab.

 

Nach zwei Stunden tanzen und weiteren Cuba Libres ist unser Schlüssel noch immer nicht retour, wir beschließen unseren Bungalow in Augenschein zu nehmen.

Er liegt im Dunkeln, drinnen auch kein Licht, aber, Tür nicht verschlossen.

Auf irgendeinen Streich gefasst, schleichen wir hinein, Gerti zu ihrer Kemenate, ich zu meiner und ich traue meinen Augen nicht!

In meinem Bett liegt, in meinem türkisblauen Nachthemd - Lou und schläft.

Zurück am Gang, kommt mir Gerti, mit vorgehaltener Hand, entgegen und kann sich des Lachens kaum erwehren - der hübsche, blasse, schottische Gordon liegt, in ihrem Nachthemd, in ihrem Bett!

 

Ich kann es nicht fassen!

Die interessantesten, attraktivsten Männer des ganzen Clubs, liegen in unseren Betten! Nach kurzer Beratung beschließen wir uns dazu zu legen, wo sollen wir denn auch hin?

 

In T-Shirt und Unterhose lege ich mich zu Lou, der mich, leise grummelnd in den Arm nimmt und mich fragt ob die Überraschung gelungen sei? Oh, ja, ist sie!

Er drückt mich, gibt mir einen Kuss auf die Stirn und sagt: "Bonne nuit, ma cherie!" und schläft weiter.

Unglaublich, kein Gefummel, keine Überredung zu Sex - nix, nur kuscheln - ohhhhh, er riecht gut - und schlafen!

Am nächsten Morgen wache ich alleine auf, Gerti kommt zu gleichen Zeit mit dem selben überraschten Gesichtsausdruck aus ihrem Zimmer (kein Gordon), auf der Veranda stehen zwei Becher mit je einer Oleanderblüte, zwei Gläser Orangensaft und zwei Croissants!

 

Überwältigt von Sonne, Strand, Meer, kuscheln, Essen, Trinken, guter Freundin mit glänzenden Augen und seligem Lächeln, kaue ich auf meinem Croissant herum!

Wie cool ist das?

 

"Glaubst du der ist impotent?" fragt Gerti?

"Äh, bei euch auch nur Küsschen auf die Stirn und kuscheln?"

"Ja, merkwürdig" sinniert meine Freundin, "noch nie erlebt sowas!"

Ich: "Beide impotent? Das wäre ein großer Zufall, aber merkwürdig ist das schon! Lass uns an den Strand gehen und schauen ob sie da sind, in einer halben Stunde ist Beachvolleyball!"

 

Gesagt, getan, allerdings wird das Beachvolleyballmatch heute von zwei anderen Animateuren betreut!

Noch merkwürdiger. Die beiden Herren waren sonst immer am Strand anwesend - surfen, segeln, Volleyball, Fussball, Sandburgenwettbewerb, in 8 Tagen haben sie noch nie gefehlt!

Mittlerweile ist es 15:30h und unsere Kuschelbären untergetaucht.

 

"Du schau mal", murmelt Gerti "da winken zwei aus einem Motorboot, sind das Lou und Gordon?"

Gegen die Sonne nicht leicht zu erkennen, aber, ja, könnte sein!

"Glaubst winken die uns?" wieder die Gerti.

"Keine Ahnung, gehn wir mal unauffällig nach vor!"

 

Gesagt getan. Pareo um die Hüften und tatsächlich, unsere zwei Helden warten in dem hübschen, weißen Boot auf uns. Wir waten durchs Wasser, werden ins Boot gehievt und ab geht die Post Richtung offenes Meer!

 

Lou lacht schelmisch, legt einen Arm um mich, mit dem andern steuert er, Gordon reicht uns Bier und nach ein paar Minuten Fahrt, geht es rechts ab in die nächste Bucht in ein kleines Strandrestaurant.

Frischer Fisch, Sangria, Kräuterschnaps, mehr Fisch, Küsschen, Gerti und Gordon stehen händchenhaltend im seichten Wasser - ein Märchen!

Lou und Gordon mussten heute Büroarbeiten erledigen, Dienstpläne schreiben, Administration, neue Mitarbeiter einschulen und das alles ultraschnell, weil sie den späten Nachmittag mit uns verbringen wollten.

Gegen neunzehn Uhr fahren wir wieder zurück, die Herren müssen animieren, Gerti und ich amüsieren. Gleich nach der Show fragt Gordon artig ob er Gerti entführen darf, Lou nimmt mich in seinem Auto zu seinem gemieteten Haus, außerhalb der Clubanlage mit.

Mein Kopf hämmert schon seit Stunden, der Magen scheint zu rumoren. Kaum sind wir in dem hübschen Häuschen angekommen, wird mir schwindlig. Lou bemerkt was lost ist und schiebt mich Richtung Bad. Leider zu spät, mein Magen will leer sein.

Platsch. Alles auf den Terracottafliesenboden im Wohnzimmer!

Wie peinlich. Ich taumle weiter ins Bad und höre Lou irgendwas von zu viel Sonne und Fisch murmeln.

Mein Kopf scheint zu explodieren, mein Magen zu kollabieren, am kühlen Fliesenboden sitzt es sich gut.

Nach einer Weile geht's mir besser, ich wasche mein verquollenes Gesicht, putze das WC und mache mich auf um das Malheur im Wohnzimmer zu beseitigen.

Ich geniere mich entsetzlich - so ein großartiger Mann und ich kotz ihm vor die Füß!

Kaum betrete ich das Wohnzimmer, ist Lou schon an meiner Seite, nimmt mich in den Arm, fragt ob es mir besser geht und bringt mich zur Couch. Am Tischchen daneben steht eine Tasse Tee, und ein Tuch mit Eiswürfeln liegt daneben. Kaum liege ich, legt mir Lou schon das Tuch auf die Stirn, gibt mir ein Küsschen auf die Wange und macht sich weiter daran, mit einem Wischmopp, den Boden zu bearbeiten!

In meinem ganzen Leben hätte ich nichts derartiges erwartet!

 

Nach getaner Arbeit fragt er mich vorsichtig, ob ich lieber hier, bei ihm, oder in meinem Zimmer schlafen möchte?

Ich möchte in mein eigenes Bett, ich fühle mich noch etwas schwummrig, vor allem aber beschämt, wer weiß? vielleicht ist er nur gut erzogen und daher höflich?

 

Verständnisvoll nickend packt er mich wieder in sein Auto und fährt mich zurück in den Club.

Zum Abschied gibt es noch ein Küsschen auf die Stirn und weg ist er!

 

Ich falle in einen traumlosen Schlaf - am nächsten Morgen bin ich wieder vollkommen hergestellt!

Gerti sitzt schon auf der Veranda und hält mir verwundert einen Becher Kräutertee entgegen!?

Ich erzähle ihr was vorgefallen ist, ihr Abend war um einiges spannender. Wir wissen jetzt, dass Gordon nicht impotent ist! Er möchte den heutigen Abend mir ihr verbringen, er hat frei! Ich freu mich für sie und frage mich, wie mein Abend wohl werden wird?

 

Zum Abendessen wird Gertilein abgeholt, Gordon blickt mich abwartend an, ich frage worauf er wartet?

"Auf dich, wir können dich ja wohl kaum alleine Abend essen lassen und Lou muss arbeiten!"

In welcher Wunderwelt von fantastischen Männern sind wir hier gelandet?

 

Wir fahren in ein Dorf unweit des Clubs und essen herrliche Paella, mein Magen hat sich beruhigt, nach dem Essen erscheint Lou, zappelt von einem Fuß auf den anderen, entschuldigt sich bei den anderen und nimmt mich mit in sein Haus!

Kerzen überall, ein Panoramafenster im Schlafzimmer, Sterne draußen am Himmel und ein unglaubicher Liebhaber!

 

Am nächsten Tag reisen wir ab.

Mehr weiß ich nicht über Lou. Wir haben nie über Privates oder eine Zukunft gesprochen.

 

Ich habe seither einige Urlaubsflirts und Liebhaber gehabt, aber ich fühle heute noch Lous weichen Bart und die unglaubliche Vertrautheit von drei gemeinsamen Tagen!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Foto: Sepp Gallauer

www.gallauer.com